Freitag, 29. August 2025

Rückblick auf den 4. Abschnitt

 


Der nüchterne Blick auf die Zahlen bestätigt zunächst mal, was ich schon wusste. Die Leistungsfähigkeit hat weiter nachgelassen. Vor 2 und 3 Jahren waren wir länger und schneller unterwegs. Jetzt kamen mir 900 Höhenmeter wie das Limit vor, damals sind wir munter mehrfach über 1000 Höhenmeter gefahren. Diese Entwicklung ist in unserem Alter keine Überraschung, doch es fällt immer noch schwer, es zu akzeptieren. Na ja, ich weiß, wir sollten dankbar sein, dass es überhaupt noch in diesem Maße geht.

In Erinnerung bleibt von diesem 4. Teil vor allem die Schönheit der Landschaft. Perfekte Radwege im wunderschönen Allgäu mit dem Panorama der Alpen, der Blick auf den Bodensee, der mächtige ungezähmte Rhein bis Basel, das Grün an Saar und Sauer, steile Rampen in der Südeifel.

Was die Menschen angeht, bleibt die schöne Erkenntnis, dass freundliche und rücksichtsvolle Leute in der weit überwiegenden Mehrheit sind. Ob bei der Reifenpanne, der Wegsuche oder dem Abbiegen im engen Verkehr, stets gibt es aufmerksame Menschen, die helfen. Das färbt ab und entspannt auch einen selbst. Das Überwinden kleiner und größerer Probleme, die gemeinsame Bewältigung der täglichen Herausforderungen kann auch einer langjährigen Beziehung zu noch mehr Nähe verhelfen. Somit lautet das Fazit der noch nicht ganz vollendeten Tour: Es war ein bleibendes Erlebnis, schön und es hat sich gelohnt.

Samstag, 23. August 2025

Tag 45: Über die Vennbahn

 

Unser Shopping-Center-Hotel liegt strategisch gut zum Einstieg in die Vennbahn. Die Vennbahn-Route ist der längste grenzüberschreitende und zusammenhängende Fernradweg auf stillgelegten ehemaligen Bahntrassen und führt über 125 km von Luxembourg durch Belgien bis nach Aachen. Wir steigen ein bei Kilometer 115 und folgen ihm bis kurz vor Aachen. 

Bahntrasse hört sich erstmal nach leichter flacher Strecke an. Besonders im südlichen Teil sieht das aber ganz anders aus. Oft wird die Trasse verlassen und vorhandene Wegstrecke genutzt, und mehrfach geht es steile Rampen rauf und runter. So sammeln wir auch heute knapp 600 Höhenmeter. Oft genug geht es auch bergab, das ermöglicht uns immerhin noch einen Durchschnitt von 20 km/h.

Angesichts des Kälteeinbruchs haben wir uns gestern Abend im Shopping Center noch schnell Pullover gekauft, die sich heute auch als notwendig erweisen. Die ersten Fahrstunden sind kalt und nass, ein wohl typisches Eifelwetter. Es regnet nicht richtig, aber die Nässe hängt in der Luft bis auf den Boden.

Links und rechts gibt es viel Wald zu sehen, Ackerbau und Viehzucht, Hundeführer halten ihre kackenden Hunde an der Leine. Also ausreichend Abwechslung, obwohl es über 80 Trassenkilometer sind.

Verpflegung ist rar, aber es gibt sie hier und da. In einer netten Imbiss- und Eisbude bei Weywertz genießt Claudia ein Croque Monsieur (hier in der Wallonie wird nur französisch gesprochen) und ich leere eine Chipstüte. Später kommt uns auf der noch erhaltenen Bahnlinie eine Reihe von Draisinen-Radlern entgegen, sie sehen teilweise schon ziemlich erschöpft aus. Das nennt sich Railbike, in Leykaul ist die Verleihstation.

Wir verzehren noch ein Trio von Snickers-Riegeln gegen die Ermüdungserscheinungen, dann radeln wir in Siegeslaune in Oberforstbach ein, wo wir von den Enkelkindern begrüßt werden und Teil 4 der Grenzerfahrung glücklich und unfallfrei zu Ende bringen.

Die Fotos des Tages:

Weder unten noch oben verkehren noch Züge.



Freie Fahrt für freie Radler.


An der Verleihstation von Railbike.de 


Freitag, 22. August 2025

Tag 44: Höhenmeter in der Südeifel

 

Die Planung für den Abschnitt durch die Eifel erscheint uns nun doch zu ambitioniert. Wir strecken die 2 Tage auf 3 und werden die Tour in Aachen beenden. Die fehlenden 300 km können wir hoffentlich bei einem Schönwetterfenster am Ende des Jahres nachholen und dann die Grenzerfahrung da abschließen, wo wir sie begonnen haben, in Winterswijk. 

Auch so ist unsere heutige Etappe durch die Südeifel zwar die kürzeste, aber mit über 900 Höhenmetern die schwerste Etappe dieses 4. Abschnitts von Oberbayern bis Aachen. Zunächst aber geht es von Echternach auf schönem Radweg entlang der Sauer, einem Fluss wie aus dem Bilderbuch. Das ist offenbar kein Geheimnis, wir passieren mehrere gigantische Campingplätze, bis wir bei Wallendorf Abschied von der Sauer nehmen. Auf dem Papier geht es nun entlang der Our. Doch in der Praxis beginnt das Wellenreiten auf dem Rad.

Der Hauptanstieg von Eisenbach nach Hosingen erweist sich mit 5-7% über 4,5 km noch als gut fahrbar. Aber es sind die vielen steilen Rampen mit um die 10%, die die Kraft aus den Beinen ziehen. Zwei Mal muss ich kurz schieben. Bis zu 12% kann ich mit dem Anhänger noch bewältigen, doch wenn es mehr wird, versagen die Oberschenkel. 

In Hosingen kehren wir wie geplant in der Döner-Bude ein - die einzige Verpflegungsmöglichkeit, die sich bis zum Ziel noch anbietet. Das Falafel-Sandwich bei lauter türkischer Musik und einem Sagres-Bier schmeckt überraschend gut. Weniger erfreulich, sondern für Claudia angsterregend sind die folgenden 600 Meter auf der Hauptstraße. Wir haben Mühe, überhaupt die Straße zu überqueren, bis dann ein mitleidiger Autofahrer anhält und uns rüberläßt. 

Weitere steile Rampen überwinden wir noch mit letzten Kräften, Claudia verbraucht heute 19% Akku, sie hat weiter den Ehrgeiz, möglichst viel ohne Motor zu fahren. Dann erreichen wir die Shopping Mall Massen in Wemperhardt, wo wir uns für morgen noch schnell was Warmes zum Anziehen kaufen. Der Sommer ist vorbei, jedenfalls in der Eifel. Wir sind nun in Finale-Stimmung, den Tag morgen schaffen wir auch noch, sind wir uns sicher. 

Die Fotos des Tages:

Brücke über die Sauer in Dillingen (Lux)


Ein letzter Blick: Abschied von der Sauer


Südeifel heißt klettern


Pause zwischen Kletterphasen


In der Shopping Mall in Massen. Seltsamer Ort für Radreisende.









Donnerstag, 21. August 2025

Tag 43: An Saar, Mosel und Sauer

Die Flasche Barbera von gestern Abend wirkt morgens noch nach. Da hilft auch das Gourmet-Frühstück im Niedhof nicht. Wir haben Kreislaufprobleme, die wie üblich verschwinden, wenn wir erstmal im Sattel sitzen.

Nach der Regentour gestern hatten wir die Räder mit dem Wasserschlauch abgespritzt, aber die Sache damit eher verschlimmbessert. Dreckig sind sie immer noch, dazu sind die Ketten jetzt rostig. Der Technikverantwortliche hat für solche Fälle aber Öl dabei.

Über eine Schotterabkürzung erreichen wir den Saar-Radweg wieder und stehen prompt vor einem Baustellenschild. Der Radweg ist angeblich gesperrt bis Merzig. Und es kommt niemand, den wir fragen können. Also riskieren wir lieber nichts und nehmen die Umleitung, die aber kein Umweg ist. In Merzig biegen wir wieder auf Flussradweg ein, der sich als perfekt asphaltiert und landschaftlich schön zeigt. Nur der Abschnitt an der berühmten Saarschleife ist unbefestigt, vermutlich aus Naturschutzgründen. So kann uns ein vorausfahrender Trecker schön mit Staub einhüllen.

Wir staunen über die Menge an Wasser, wo die Saar in die Mosel mündet. Überhaupt hatte ich mir die Saar nicht so mächtig vorgestellt. Sie schafft den Größenvergleich mit der Mosel. Dann erreichen wir um 14:20 Uhr die Fähre in Wasserbillig, um festzustellen, dass deren Mittagspause bis 16 Uhr andauert. Mit Bier, Kaffee und Kuchen wird die Wartezeit nicht lang. Doch mir fallen dabei fast die Augen zu.

Auf der anderen Moselseite biegen wir in den Radweg an der Sauer ein. Die Sauer ist nicht schiffbar und naturbelassen. Entsprechend schön ist die Aussicht, und auch der Radweg perfekt. Schnell haben wir die restlichen 20 km bis Echternach zurückgelegt, wo wir im Hotel zum kleinen Poeten freundlich empfangen werden und Claudias Di2-Schaltung aufladen können. Sie hat 13 Tage lang rund je 500 Mal  hinten geschaltet, also insgesamt 6.500 Mal, und da sind die Schaltvorgänge vorn noch nicht dabei.

Die Fotos des Tages:

Die grüne Saar



Von unten nicht als Schleife zu erkennen: Die berühmte Saar-Schleife



Blick auf Saarburg


Sehr viel Wasser auf einmal: Saarmündung in die Mosel



Fähre von Oberbillig nach Wasserbillig, von Deutschland nach Luxemburg


Marktplatz in Echternach





Mittwoch, 20. August 2025

Tag 42: Auto- und fettfrei an der Saar entlang

 

Heute stellen wir gleich 2 Rekorde auf. Es ist unser 12. Reisetag, so viele sind wir noch nie am Stück gefahren. Und es ist unser 10. Tag ohne Reifenpanne, das gab es noch nie.

Es gelingt uns, ohne viel Verkehr auf Radwegen aus Zweibrücken herauszukommen. Zwei Mal halten sogar Autofahrer für uns an, damit wir abbiegen können. Danke schön dafür, pauschale Vorurteile sind widerlegt. 

Die Steigung des Tages kommt nach 17 km bei Biesingen und ist ein Knaller mit ausgedehnten 10% und dann am Ende nochmal so auf Kopfsteinpflaster bis zur Kirche von Assweiler. Ein echter Härtetest für die Oberschenkel. Dann aber biegen wir in Güdingen ein auf die Fahrradautobahn an der Saar entlang, die uns über 40km autofrei bis ins Ziel führt. Vorher kommen wir an einer geschlossenen Bahnschranke noch zum Small Talk mit einem ergrauten, sehr coolen Radler, der sich als Brasilianer vorstellt. Er verabschiedet sich mit einem Kompliment an Claudia: "Sie haben kein Gramm Fett, nur Muskeln." Der muss wohl genau hingeguckt haben, ist Claudias Kommentar.

In Saarlouis scheint das Radlerglück plötzlich vorbei. Ein Baustellenschild weist darauf hin, dass der Radweg saniert wird, und will uns zur Umleitung auf die vielbefahrene Hauptstraße schicken. Wir wollen einen entgegenkommenden Radler befragen, ob das ernst gemeint ist. Er ignoriert unsere lauten Fragen und Gestikulationen und fährt stur vorbei. "Dem hat man als Kind beigebracht, sich nicht von Fremden ansprechen zu lassen," meine ich noch, doch plötzlich steht er neben uns. Er ist tatsächlich umgekehrt, um uns zu helfen. Das Schild ist längst überholt, wir können durchfahren, klärt er uns auf.

Schon bald erreichen wir im Nieselregen unser Hotel Niedhof, wo wir das beste Gourmetessen geniessen, seit ich vor ungefähr 40 Jahren noch als Revisor zum Speisen eingeladen wurde.

Fotos des Tages:

Auf der Fahrradautobahn an der Saar


Stahlwerke in Völklingen sehen aus wie im Ruhrgebiet


Der Grünwuchs ist mächtiger als die Industrie






Dienstag, 19. August 2025

Tag 41: Durch den Pfälzer Wald

 

2 Tage im Gegenwind haben ihre Spuren hinterlassen. Die morgendliche Bestandsaufnahme, was heute weh tut, äußert sich mit vermehrtem Stöhnen. Bei Claudia ist es der Rücken, bei mir eher eine ganzkörperliche Erschöpfung. Und heute stehen 700 Höhenmeter an mit 5 Anstiegen, davon 2 recht knackig. Diese Aussichten machen mich etwas unruhig, vor allem in der Magengegend.

Wie so oft, wenn wir erstmal auf dem Rad sitzen, sieht die Welt schon besser aus. Es geht zunächst auf gut asphaltierten Radwegen abseits der Hauptstraßen durch den Wald. Dabei passieren wie dir grüne Grenze, ohne überhaupt zum bemerken, dass wir wieder in Deutschland sind. Dann folgen ruhige Landstraßen, die sich gut befahren lassen. Ruhig ist es allerdings auch in den leblosen Dörfern, die wir passieren. Es ist Dienstag, ein beliebter Ruhetag der Gasthöfe, wie wir mal wieder feststellen müssen. Ein Hotel in Fischbach hat zwar das Restaurant geschlossen, aber eine Tür steht offen. Auf Claudias Eindringen erhalten wir zwei kalte Bier. Es ist nützlich, wenn man eine fragende Frau dabei hat.

An einer Tankstelle erhalten wir dann noch ein Eis und Haribo-Colaflaschen, damit ist das Überleben gesichert. Der Anstieg bei Trulben beglückt auf 2 km mit durchschnittlich 8% und geizt dabei mit Schatten. Die Temperatur unter der Schädeldecke nimmt bedenkliche Ausmaße an. Zum Glück kommt uns oben ein frischer Wind entgegen. Großsteinhausen bietet noch einen kurzen 10%er, dann sausen wir hinab und auf schönem Radweg hinein nach Zweibrücken. Dort bemerken wir wieder eine erhöhte Quote ungeduldiger PS-starker Autofahrer und sind froh, heil am Hotel Rosengarten angekommen zu sein. Hier erfahre ich, dass ich versehentlich gleich 2 Zimmer gebucht habe. Man zeigt sich aber kulant und ist mit dem Preis für eins zufrieden. So können wir das Geld beim 3-Gänge-Menü im Biergarten verprassen.

Fotos des Tages:

Panoramastraße nach 2km Anstieg


Wasserbüffel am Wegesrand


Öffentliche kostenlose kleine Fahrradwerkstatt in Zweibrücken







Montag, 18. August 2025

Tag 40: Weiter nach Norden als Genussversuch im Gegenwind

 

Die City von Straßburg mit dem Rad zu verlassen, ist glücklicherweise überhaupt kein Problem. Sichere Radwege führen uns nahezu autofrei bis zur Brücke über den Rhein nach Kehl. Heute wollen wir die Tour zur Genießertour  werden lassen. Nur der Nordwind ist wieder dagegen. Ansonsten radeln wir auf verkehrsarmen Straßen am Rhein entlang. Allerdings verschmähen wir den Schotterweg oben auf dem Deich. Wenn wir den Rhein sehen wollen, machen wir Pause und klettern da hoch. Das tun wir auch zweimal. 

Nach der Erfahrung von gestern haben wir die Versorgungsstopps geplant. Heute sind wir rechtsrheinisch auf deutscher Seite unterwegs. Da gibt es genug Möglichkeiten. Die schönste ist die Mosquito Bar am Erländer Badesee, wo wir auf Liegestühlen im Schatten der Bäume auf den See blicken, erst ein Eis schlecken, und weil wir gar nicht weiter wollen, noch eine Portion Pommes nachschieben. 

Dann nähern wir uns Rastatt, der Verkehr nimmt zu, und die Autofahrer wirken aggressiver als bisher gewohnt. Mehrfach werden wir ungeduldig mit knappem Abstand überholt. Ein Cabrio-Fahrer weißt uns besserwisserisch auf einen Radweg neben der Straße hin, den wir aber nur erreichen könnten, wenn wir querfeldein über die Wiese fahren.

Dann geht es wieder über den Rhein nach Frankreich (unkontrolliert). Die schmale ehemalige Eisenbahnbrücke ist nochmal eine Herausforderung für Claudia, anschließend wird es wieder schön. Wir passieren blumengeschmückte elsässische Fachwerkdörfer, überqueren die Sauer und sind nach einigen Bodenwellen dann doch wieder ziemlich geschafft bei der Ankunft in Weißenburg, französisch Wissembourg. Egal, ob man am Tag 70 oder 100 km fährt, am Ende zieht es sich immer, bis man endlich da ist. 

Die Fotos des Tages:

Abschied von Straßburg


Eine Rheinbrücke nur für die Straßenbahn, die Radfahrer und die Fußgänger


Pause mit Rheinblick auf Kormorane und einen Windsurfer



La Sauer (dt. Saarbach) ist ein Fluss von 85 km Länge. Sie ist ein Nebenfluss des Rheins, nicht zu verwechseln mit der Sauer (frz. Sure), die in die Mosel fließt.


Dem Rathaus von Weißenburg fehlt die in Frankreich obligatorische Europa-Fahne.


Elsässische Dachdeckerkunst