Wir starten heute mit nur noch einem Ersatzschlauch in die Tagesetappe. Bei unserer Pannenquote ein signifikantes Risiko. Die örtlichen 2 Fahrradläden haben montags Ruhetag. Der nächste geöffnete liegt nach 20 km genau auf unserer Route.
Doch zunächst stelle ich nach 1,5 km fest, dass ich die Fahnenstange für den Anhänger in der Hotelgarage vergessen habe. Weil es mit 13% Steigung zurück ins Dorf geht, nehme ich doch lieber Claudias E-Bike dafür. Der Akku hat nach 2 Tagen immer noch über 70%.
Garmin kündigt heute 6 Anstiege an und insgesamt über 800 Höhenmeter. Da kann man schon von der Königsetappe der ersten Woche sprechen. Vorsichtshalber habe ich uns einen Notfallplan überlegt. Wenn die Erschöpfung überhand nimmt, könnten wir in Bad Tölz abbrechen und dort übernachten. Das Hotel in Schlehdorf lässt sich bis 18 Uhr kostenlos stornieren.
"Ist das schön hier!" rufen wir gleich mehrmals aus, mit dem Blick auf die Wiesen, die Berge, die blumengeschmückten Häuser, die perfekt asphaltierten Feldwege. So ist Radeln ein purer Genuss. Bald aber kommen die ersten Höhenmeter, die Steigungen sind heute über 2 km lang und gipfeln wieder bei 10%. Ich trete inzwischen etwas geduldiger in die Pedale und haushalte erfolgreich mit den Kräften.
Oberhofen ist ein Nest mit einer Handvoll Häuser, keinerlei Geschäfte sonst, aber der über 80jährige Singer-Hartl betreibt sein Fahrradgeschäft mit Werkstatt im Hinterhof des Wohnhauses. Er versorgt uns mit 2 Schläuchen und lässt es sich nicht nehmen, uns die neueste Entwicklung von Ventilen vorzuführen. Außerdem hat er ziemlich scharfe Bodies für Radlerinnen im Verkauf, aber für Claudia sind sie alle zu groß.
Schon um 14 Uhr sind wir in Bad Tölz und haben keine Zweifel, es bis Schlehdorf zu schaffen. Das letzte Tagesdrittel ist dann sogar das leichteste. Wir feiern schon vor dem Ziel den ersten pannenfreien Tag, dann checken wir ein im Hotel Klosterbräu, speisen auf der "Seeterrasse", die besten Ausblick auf den großen Parkplatz bietet. Aber das Essen ist gut und Claudia beglückt sich selbst mit einer Spatzenfütterung. Wir spazieren dann noch zum Kochelsee, betrachten sinnend Blesshühner, Enten und Schwäne, umrahmt vom Bergpanorama. So wird das mobile Trainingslager unerwartet zum Romantikurlaub. Ganz profan gibt es zum Tagesabschluss ein Pistazieneis mit Kartenzahlung aus dem Automaten der Pollinger Eismanufaktur. Das schmeckt sogar.
Die Fotos des Tages
Beim Singer Hartl im nahezu historischen Fahrradladen
Nun weniger Mais, mehr Wiesen
Noch 'ne Pause kurz vorm Ziel, weil es so schön ist.